So bescheiden am Ende des Meisterwerkes die mangelnde Sprachkraft für die Schau des Göttlichen umschrieben wird, so beeindruckend und bildgewaltig ist das Werk im Ganzen. Der Schriftsteller Dante Alighieri (1265–1321) ist vor allem für seine Divina Commedia (dt. Göttliche Komödie) bekannt, in welcher er seine Reise durch das Jenseits beschreibt. Die herausragende Stellung dieses Werkes für die Verfestigung des westlichen Jenseitsverständnisses ist bis heute ungebrochen.
Was ist nun aber der Grund des besonderen Interesses aus Kasseler Sicht? Gut 1.100 km trennen Florenz und Kassel und doch sind sie sich näher als gedacht: Seit 1952 besteht unter dem Motto „Kulturbegeisterung baut Brücken“ die Verbindung der beiden Städte, die nicht zuletzt von der Deutsch-Italienischen-Gesellschaft in Kassel bestärkt wird. Da versteht es sich natürlich von selbst einem der berühmtesten Kinder der Partnerstadt zum Jubiläum besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
1265 wurde Dante in Florenz geboren. Sowohl Poesie als auch Politik waren für ihn von Interesse: Neben der ersten Veröffentlichung, der Vita Nuova, übernimmt er außerdem politische Ämter in seiner Heimatstadt. Trotz seiner Hochzeit mit Gemma Donati, ist es eine andere Dame, welche Dante in seinen Schriften beschäftigt: Beatrice. Doch nicht nur von dieser wird Dante getrennt sein. Aufgrund der Rivalitäten der Ghibellinen und Guelfen (Kaiser- bzw. Papsttreue) muss der Poet seine geliebte Heimatstadt verlassen und lebt ab 1302 im Exil, in welchem er die Commedia verfasst. Unterteilt ist das Erlebnis in drei Abschnitte – Hölle, Fegefeuer und Himmel – durch welche er vom antiken Dichter Vergil geführt wird. Verschiedene Bezüge zu historischen Charakteren zeugen sowohl von Liebe als auch Abneigung seiner Heimatstadt gegenüber. Beatrice wird zur Leitfigur der unerfüllten Nähe und übernimmt im letzten Teil die Führung des Poeten durch die himmlischen Sphären. Kurz nach Vollendung der Commedia verstirbt Dante am 14.09.1321 in Ravenna.
In der Kasseler Sammlung befinden sich verschiedene Werke, die einen direkten oder indirekten Bezug zu Dante aufweisen. Einige Stiche zeigen das markante Gesicht mit dem Lorbeerkranz (Abb. 1), wohingegen Trübners großformatiges Ölbild in der Neuen Galerie (Abb. 2) eindrucksvoll eine Passage des Infernos illustriert (Inf. 5).
Aber auch Dante erfand das Jenseits natürlich nicht gänzlich neu, sondern rezipierte bis in die Antike reichende Modelle, die das Leben nach dem Tod definierten. Die Cebes-Tafel Pieter Claessens zeigt Hades und Elysium (Abb. 3), sozusagen die vorchristlichen Pendants zu Inferno und Paradiso. Auch hier werden bereits Fromme und Sünder nach dem Tod entweder für ihr vorbildlichen Leben belohnt oder müssen ihre Strafe verbüßen.
Es finden sich also viele gute Gründe Dante und die Commedia einmal mehr in den Fokus zu rücken. So widmet sich auch die Gemäldegalerie Alte Meister zu seinem 700. Jubiläum der Thematik und betrachtet einmal näher die Jenseitsreisen in den eigenen Beständen und ihre Verbindung zum Florentiner Poeten.