Es weihnachtet sehr… Adventsstimmung in der Gemäldegalerie

Pünktlich zum zweiten Advent und winterlichen Temperaturen mit Schneefall präsentiert die Gemäldegalerie Alte Meister wie alle Jahre das Weihnachtsbild von Nikolaus Hoffmann.  Als eines der ersten historischen Dokumente vom Weihnachtsfest wie wir es kennen, hat es sich diesen Ehrenplatz aber auch redlich verdient.

Nikolaus Hoffmann, Weihnachtsbescherung, 1760–1770, Gemäldegalerie Alte Meister Kassel

Das warme Kerzenlicht und die geschmückte Stube laden ein, die Szene genauer zu betrachten und vielleicht auch schon einmal selbst über die Planung zum anstehenden Fest nachzudenken. Bei Hoffmann bleibt es ganz intim im engsten Familienkreis, wohingegen mancher je nach Konstellation wahre Meisterleistungen der Festtagsorganisation zu bewältigen hat. Dabei spielt nicht nur die Bescherung, sondern natürlich auch das Weihnachtsessen keine unwichtige Rolle. Ob die Vorbereitungen so pompös ausarten müssen wie im Küchenstück von Adriaen von Utrecht sei einmal dahingestellt. Sicherlich entsprechen sie nicht mehr unseren heutigen Ansprüchen von Maß und Nachhaltigkeit.

Adriaen von Utrecht, Küchenstück, 1629, Gemäldegalerie Alte Meister Kassel

Für alle, die sich grundsätzlich nicht für die Weihnachtsgans begeistern können, findet sich vielleicht eine Inspiration bei Joachim Beuckelaers Obst- und Gemüsestillleben, welches jedes Veganer-Herz eigentlich höherschlagen lassen sollte.  Allerdings nur solange die arme Ente in den Händen der Magd nicht entdeckt wurde…

Joachim Beuckelaer, Obst- und Gemüsestillleben mit Marktfrau, 1564, Gemäldegalerie Alte Meister Kassel

Es zeigt sich also wieder einmal: Alte Meister können uns manchmal auch für die Planung festlicher Anlässe eine ganz große Inspiration sein.

Krieg in Europa

Manchmal erhalten barocke Kunstwerke eine erschreckende Aktualität. Angesichts des Krieges in der Ukraine haben wir die allegorische Darstellung „Der Krieg vertreibt den Frieden“ in unsere Dauerausstellung integriert. Das Gemälde stammt von einem bislang nicht identifizierten italienischen Meister und entstand im 17. Jahrhundert, bekanntlich eine der blutigsten Zeiten in Europa. Immer wieder fanden kriegerische Auseinandersetzungen statt, wobei der Dreißigjährige Krieg ohne Zweifel als der schrecklichste Konflikt der Vormoderne in die Geschichte Europas eingegangen ist. Am Ende lagen allein in Deutschland weite Landstriche in Trümmern und etwa 40 Prozent der Bevölkerung bezahlten mit ihrem Leben.

Bolognesischer Meister 17. Jahrhundert (?), Der Krieg vertreibt den Frieden, MHK, Gemäldegalerie Alte Meister, Schloss Wilhelmshöhe

Das Gemälde zeigt den unbekleideten Kriegsgott Mars mit Fackel und gezücktem Schwert, der in weitem Schritt über einen am Boden liegenden Krieger die nach rechts fliehende weibliche Gestalt des Friedens in gelbem Gewand verfolgt. Links hinter ihm erkennt man die angekettete Gestalt der Furie mit Schlangen und Fackel in den Händen, die im nächsten Moment auszubrechen scheint. Waffen am Boden sowie ein Schwerterzweikampf am rechten Bildrand verdeutlichen das grausige Geschehen, vor dem eine Mutter mit ihrem Kind im Arm rechts im Vordergrund Schutz sucht. Ihre aufgerissenen Münder lassen den Schrecken erahnen. Dessen ungeachtet verkündet die allegorische Gestalt der Fama (der Ruhm) am Himmel mit Fanfare von dem Vormarsch des Krieges.

Bei allem Schrecken, den auch die Zeitgenossen sicher vor Augen hatten, galt der Krieg doch immer als zwar gefährliches aber letztlich probates Mittel politischer Führung. So war es im 17. Jahrhundert und so wurde es im großen Ganzen auch in den folgenden Jahrhunderten gesehen, bis schließlich im 20. Jahrhundert mit zwei Weltkriegen der traurige Höhepunkt erreicht wurde. Seitdem glaubte man in Europa die Gefahr eines Krieges gebannt und sollte damit auch größtenteils Recht behalten – sieht man von den furchtbaren Kriegen im ehemaligen Jugoslawien einmal ab. Leider belehren uns die aktuellen Ereignisse in der Ukraine eines Besseren und zeigen, wie fragil letztlich der Frieden in Europa sein kann.

Marie von Hessen-Kassel, eine Landgräfin der Herzen?

Im Kino sorgt gerade eine Verfilmung des Lebens von Lady Di, der Queen of Hearts, für Furore. Ihr tragischer Tod 1997 rührt noch heute die Herzen vieler an. Vor 250 Jahren, am 14. Januar 1772, verstarb mit Marie von Hessen-Kassel eine ebenso außergewöhnliche Frau. Auch ihr Leben war geprägt von Tragik, obwohl alles zunächst ganz anders aussah. Als Tochter des britischen Königs Georg II. hatte sie 1740 den drei Jahre älteren Erbprinzen Friedrich II. von Hessen-Kassel geheiratet. Vier Söhne entstammen dieser Verbindung und nach dem Tod von Friedrichs Vater hätte sie an der Seite ihres Gatten als Landgräfin residieren können. Doch verlief die Ehe nicht sonderlich harmonisch und als 1754 der heimliche Übertritt Friedrichs zum Katholizismus bekannt wurde, kam es zur umgehenden Trennung der beiden. Um eine Wiederverheiratung Friedrichs zu verhindern wurden die Eheleute jedoch nicht geschieden. Marie zog mit ihren vier Söhnen nach Hanau, als Regentin der dortigen Grafschaft, die 1736 an Hessen-Kassel gefallen war. Dort ließ sie nicht nur das Stadtschloss umbauen, sondern auch einen der ersten englischen Landschaftsgärten in Deutschland anlegen. Ihren Ehemann sah sie jedoch nie wieder. Dennoch kam es auch in Kassel unter Friedrich II. zu engen Beziehungen zur Kunst Großbritanniens, die unter seinem Nachfolger, dem von Marie zunächst in Hanau aufgezogenen Wilhelm IX.  mit der Umgestaltung des Bergsparks und der Errichtung der Löwenburg noch heute sichtbar sind. Seine Mutter Marie ist in Kassel vor allem durch einige Porträts in lebendiger Erinnerung. Eines davon entstand im Schicksalsjahr 1754 und stammt von dem frisch nach Kassel berufenen Hofmaler Johann Heinrich Tischbein d. Ä., dessen 300. Geburtstag sich im Oktober jährt.

Johann Heinrich Tischbein d.Ä, Marie von Hessen-Kassel, 1754, MHK, Schloss Wilhelmsthal