Beim Stöbern in alten Kochbüchern kann man sich schon mal auf Weihnachten einstimmen! Auch wenn man diese Rezepte manchmal erst in unsere Zeit übersetzen muss, lohnt es sich vielleicht doch mal, eines davon zu testen. In der Sammlung Volkskunde findet sich da etwa das Kochbuch von Henriette Davidis-Holle Praktisches Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche aus dem Jahr 1900. Das Rezept für Gewürzplätzchen bietet hier auch gleich eine kleine Einstimmung auf die weihnachtliche Ausstellung im Hessischen Landesmuseum Adventskranz bis Zimtstange – Pflanzen und Gewürze zur Weihnachtszeit!
Gewürzplätzchen nach Henriette Davidis-Holle 1 kg Mehl, 1, kg Zucker, 12 große oder 14 kleine Eier, die Schale von 2 Citronen, 60 g Succade, 7 g gestoßene Nelken, 8 g gestoßener Zimt, 8 g gestoßener Kardamom. Eier, Zucker und Gewürz werden ½ Stunde gerührt und nach und nach das Mehl hinzugegeben. Die Platte wird mit Wachs bestrichen, die Masse theelöffelweie darauf gelegt und gelbbraun gebacken.
Vor allem braucht man hier Gewürze und zwar die für die Weihnachtsbäckerei typischen: Nelken, Zimt und Kardamom. Alle drei kommen von weit her und es ist doch einigermaßen überraschend, dass ausgerechnet Gewürze vom anderen Ende der Welt einen unverzichtbaren Beitrag zu unserem Weihnachtsgebäck leisten! Nelken stammen ursprünglich aus Indonesien, Zimt aus Sri Lanka und Kardamom aus Indien. Alle gelangten schon im Mittelalter bis nach Europa und wurden hier mit Gold aufgewogen! Vermutlich fanden sie ihren Weg in unser Weihnachtsgebäck weil sie so teuer und kostbar waren, dass man sie eben nur bei besonderen Anlässen wie dem Weihnachtsfest verwendete. Außerdem enthalten die typisch weihnachtlichen Gewürze einen hohen Anteil an ätherischen Ölen. Diese fördern die Verdauung, regen den Appetit an und stärken die Abwehrkräfte. Wir können uns bei übermäßigem Plätzchengenuss also damit herausreden, dass hier ja medizinischen Gründe im Vordergrund stehen!
Weitere Zutaten für die Gewürzplätzchen sind die abgeriebene Schale von Zitronen und „Succade“. Letzteres ist heute unter dem Namen Zitronat zu haben und vor allem für Weihnachtsstollen und Gewürzbrot unverzichtbar. Und auch die Zitrone sowie die spezielle Zitronatzitrone (BILD03) stammen ursprünglich aus Indien bzw. China. Zusammen mit der Bitterorange, die für das Orangeat zuständig ist, sind sie die ältesten Zitrusfrüchte, die es bis nach Europa geschafft haben. Vielleicht wurden sie schon von den Römern kultiviert, sicher aber von den Arabern im 9. Jh. n. Chr. in Sizilien angebaut.
Bei genauer Betrachtung erweist sich also unser traditionelles Weihnachtsrezept als recht international! Dass das für viele „Zutaten“ des Weihnachtsfestes gilt, läßt sich in der stimmungsvollen Weihnachtsausstellung im Landesmuseum feststellen. Und vom Weihnachtsstern bis zur Dattel, von der Mandarine bis zum Weihnachtskaktus – erstaunlich oft spielen Pflanzen und ihre Produkte eine wichtige Rolle! Und hier das Rezept übertragen in unsere Zeit zum Ausdrucken und Nachbacken, ggf. die Menge halbieren oder dritteln:
1 kg Mehl 1 kg Zucker 12 Eier geriebene Schale von 2 Bio-Zitronen, alternativ Zitronenaroma 60 g Zitronat 7 g gemahlene Gewürznelken (Nelkenpulver) (1 stark gehäufter Teelöffel) 8 g Zimtpulver (2 gehäufte Teelöffel) 8 g gemahlener Kardamom (2 gehäufte Teelöffel) Eier, Zucker und Gewürze sowie Zitronenschale und Zitronat in eine Schüssel geben und gut vermischen. Nach und nach das Mehl hinzugeben. Von der fertigen Mischung teelöffelweise Teig auf ein gefettetes oder mit Backpapier ausgelegtes Backblech geben. Im vorgeheizten Ofen etwa 15 Minuten backen (E-Herd: 150 °C/Umluft: 125 °C/Gas: Stufe 1).